Ich bin ein Mensch
Ich, ich bin ein Mensch.
Ich heiße Fateha. Ich bin 12 Jahre alt.
Ich wohne bei meiner Tante.
Ich hatte mal eine Mutter, einen Vater und 2 Geschwister.
Mein Bruder ist sofort nach der Geburt gestorben.
Meine Schwester, meine Mutter und ich liefen am
14. August 2002 von unserem Haus los.
Wir wollten meine Oma besuchen.
Als wir an der Bushaltestelle standen,
fiel meiner Mutter ein,
dass sie meiner Cousine versprochen hatte,
dass sie sie mitnimmt,
wenn wir zu meiner Oma fahren.
Meine Schwester und ich warteten an der Bushaltestelle
und meine Mutter lief wieder ins Dorf,
um meine Cousine abzuholen.
Als der kleine Bus kam,
setzten wir uns eng aneinander gequetscht in den Bus.
Wir freuten uns auf den Besuch bei der Großmutter,
aber wer weiß schon,
was alles passiert
und wie schnell sich das ganze Leben verändern kann.
Nach 2 Stunden überholte uns ein LKW und der
Busfahrer verlor die Kontrolle über den kleinen Bus.
Er wurde zu schnell und fuhr ungebremst in den LKW.
Die, die vorne saßen,
verloren ihren Kopf.
Der LKW-Fahrer bemerkte es nicht und fuhr weiter
und schleppte uns ebenfalls mit.
Meine Mutter machte neben mir die letzten Atemzüge
und starb nach 2 Minuten.
Als ich sie ansah,
war die eine Seite ihres Gesichtes zusammengequetscht.
Ich sah schnell zu meiner Schwester,
aber die blieb auch stumm.
Irgendwann lagen wir in dem kleinen Bus am Straßenrand.
Keiner rief die Polizei und holte Hilfe.
Ich schrie, keiner reagierte.
Ein fetter Mann kam und guckte uns dumm an,
dann zog er die Tasche meiner verstorbenen Mutter weg.
Ich hielt sie fest und flehte ihn an:
"Nimm mir nicht die Tasche weg, es ist das letzte,
was ich von meiner Mutter besitze."
Er aber riss mir die Tasche vom Leib und rannte weg.
Wir waren 20 Personen in dem kleinen Bus.
Alle starben, außer mir und einem kleinen 2-jährigen
Jungen.
Nach 5 Stunden kam zufällig ein Krankenwagen vorbei
und hielt an, als er uns sah.
Meine Schwester und meine Cousine,
die noch schwach atmeten,
starben auf dem Weg zum Krankenhaus.
Als ich sie im Krankenhaus sah,
waren ihre Beine völlig verquetscht.
Hätten sie noch gelebt,
wären sie ihr Leben lang behindert gewesen.
Sie hätten ohne Beine nichts mehr machen können
im Leben.
Jetzt habe ich nur noch einen Vater,
aber er ist auch nicht bei mir,
weil er in Belgien ist.
Irgendwann wird er nach Pakistan kommen.
Dann kann ich mich ausheulen.
Ich, ich bin ein Mensch, ohne Mutter, Schwester und Bruder.
Ich, ich bin ein Mensch.
Rahila Shahid
Klasse 10 a
|